„Der Krug sollte nicht so lange zum Brunnen gehen, bis er bricht. Das ist für den Krug nicht günstig.“ – warnte der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, den griechischen Ministerpräsidenten, als letzterer in einem vorgestern gegebenen Interview die Sinnhaftigkeit einer weiteren Beteiligung des IWF am Rettungsprogramm Griechenlands in Frage stellte. Der IWF, sagte der Grieche, stelle an Hellas „Reform“-Forderungen, die weit über alles hinausgingen, was die europäischen Institutionen von seinem Land ohnehin verlangten, übe gleichzeitig Druck auf Europa aus, einen Schuldenschnitt vorzunehmen und verweigere dabei (zumindest vorläufig) jede Geldzahlung. Man sollte sich überlegen, fügte er sinngemäß hinzu, ob man die Beschneidung europäischer Souveränität von einer nicht-europäischen Institution unter diesen Bedingungen länger hinnehmen wolle. Für Herrn Schäuble sind solche Gedankenspiele nicht geheuer und das ist sein gutes Recht. Eine Frage bleibt dennoch übrig: was wird aus dem Krug? Wozu ist er da? Sollte man ihn aufs Regal stellen und ihn nur ob seiner Intaktheit und Integrität bewundern, sich an seiner Unversehrtheit ergötzen …und dabei verdursten? Der Gebrauchsgegenstand mutiert zum allein ästhetischen Objekt und der Ordo-Liberale aus dem Südwesten ganz plötzlich zum ultimativen Ästheten. Ein fürwahr paradoxer Aspekt der Austeritätspolitik.
© Sokratis Georgiadis, 2015